Katastrophenschutzübung „GKN 15“

von Michael Hagmann und Jürgen Steinbrink

 

Kernkraftwerk Neckarwestheim (Quelle: EnBW Kernkraft GmbH)

In Baden-Württemberg sind die Regierungspräsidien als höhere Katastrophenschutzbehörden wichtige Schaltstellen in der öffentlichen Sicherheitsarchitektur. Da sie jederzeit für den „Fall der Fälle“ gerüstet und einsatzbereit sein müssen, haben sie sich auf die Bekämpfung von Katastrophen sorgfältig und umfassend vorzubereiten. Zu den vorbereitenden Maßnahmen gehören neben der Vermittlung fachlichen Wissens auch regelmäßige Übungen. Durch die Übungen sollen insbesondere die Entscheidungsvorbereitung und die Entscheidungsfindung bei der Katastrophenbekämpfung durch das behördliche Stabspersonal sowie die Einsatzbereitschaft und das Zusammenwirken der Einsatzkräfte erprobt und überprüft werden.

 

Bei der Katastrophenschutzübung im Juli 2015 mit der Bezeichnung GKN15, übte das Regierungspräsidium Stuttgart gemeinsam mit dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, dem Innenministerium sowie der EnBW als Betreiber des Gemeinschaftskernkraftwerks Neckarwestheim (GKN). Als Rahmen dieser Übung wurde die Bewältigung eines kerntechnischen Ereignisses im GKN angenommen. Der Schwerpunkt der Übung richtete sich dabei insbesondere auf die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Katastrophen- und Krisenstäbe. Neben dem Regierungspräsidium Stuttgart und den Ministerien beteiligten sich an der Übung auch die Landkreise Heilbronn, Rems-Murr-Kreis, Ludwigsburg, Hohenlohe-Kreis, Schwäbisch Hall, Ostalbkreis und der Stadtkreis Heilbronn sowie im Rahmen der zivil-militärischen Zusammenarbeit das Landeskommando Baden-Württemberg mit dem Bezirksverbindungskommando (BVK) beim Verwaltungsstab des RP Stuttgart und den Kreisverbindungskommandos (KVK) bei den mitübenden Kreisen.

 

Vb5 bei der Arbeit (Quelle: Pressestelle)

Im Vorfeld der Übung wurde im Januar 2015 die Auslösung des DAKS (Digitaler Alarm- und Kommunikationsserver) zur Alarmierung der Mitglieder unseres Verwaltungsstabes erprobt, der seit der Polizeireform beim Polizeipräsidium Stuttgart verortet ist. Außerdem war der Übung im Mai 2015 eine Alarmierungsübung vorgeschaltet, mit dem Ziel der Erprobung der geänderten Alarmierungswege aufgrund der Polizeistrukturreform in Baden-Württemberg. Die dabei gewonnen Erkenntnisse sollten in einer Folgeübung überprüft werden.

 

Weiterhin wurde im unmittelbaren Vorfeld der Übung eine Kommunikationsübung durchgeführt, um die Erreichbarkeiten zwischen allen Übungsbeteiligten über die auch im Katastrophenfall vorgegebenen Meldewege zu überprüfen. Dabei konnte als Ergebnis festgehalten werden, dass nur durch regelmäßige Überprüfungen und Fortschreibung hinterlegte Kontaktdaten auch im Ernstfall stimmen. Um im Echtfall schnell reagieren zu können, sollte es selbstverständlich sein, dass Änderungen zeitnah und unaufgefordert gemeldet werden.

 

Pressekonferenz im Regierungspräsidium Stuttgart (Quelle: Pressestelle)

Die Übung GKN 15 selbst gliederte sich in eine interne Stabsrahmenübung am 9. und 10. Juli sowie eine Vollübung am 11. Juli 2015. Im Rahmen der Stabsrahmenübung wurden nach simulierten Störungen des Anlagenbetriebs GKN II Arbeitsabläufe und Maßnahmen gemäß dem Besonderen Katastropheneinsatzplan für die Umgebung des Kernkraftwerks Neckarwestheim (KEP GKN) auf allen Ebenen geübt. Bereits die Startphase der Übung hatte einige Überraschungen parat. Da andere Übungsbeteiligte ihre Stabsstruktur früher aufgerufen hatten als das RPS, mussten zunächst große Informationsmengen be- und verarbeitet werden. Die Mitarbeiter mussten sich vielfach erst wieder an die nichtalltägliche Arbeit im Stab gewöhnen. Bei der Zusammenarbeit mit den externen Katastrophen- und Notfallstäben mussten zudem einige Hindernisse (z.B. fehlende Ansprechpartner, defekte Kommunikationswege, Informationsdefizite) überwunden werden. Mit zunehmender Übungsdauer kamen Routine und professionelle Handlungsweise ins Spiel. Dies führte letztendlich zu einem runden Übungsabschluss und nach den vorliegenden Auswertungen auch zu einem guten Übungsergebnis.

 

Die durchaus anspruchsvolle Übung hat aber auch einige Mängel und Fragen offengelegt, z.B. Personalbesetzung in den Stabsbereichen, Aufgabenverteilung und Koordination, Informationsweitergabe, Zusammenwirken mit externen Behörden und Dienststellen. Diese waren stabsintern auszuwerten und bei künftigen Übungen und realen Ereignissen als Erfahrung mit heranzuziehen.

 

Vollübung Ausgabestelle für Jodtabletten im Landkreis Schwäbisch Hall (Quelle: Pressestelle)

Am Samstag, den 11. Juli 2015, fand in den drei Landkreisen Hohenlohekreis, Schwäbisch Hall und Ostalbkreis eine Vollübung des Regierungspräsidiums statt, bei der erstmalig die Jodprophylaxe in der Fernzone (25 bis 100 km im Radius um das KKW) geübt wurde. Dieser praktische Abschnitt verfolgte den Zweck, die Ablauforganisation der Verteilung von Jodtabletten an Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren sowie Schwangere sicherzustellen. An der Übung waren ca. 350 Personen und 110 Fahrzeuge beteiligt. Presse, Regionalfernsehen und SWR berichteten ausführlich aus den betroffenen Kreisen.

 

 

Die von den Kreisen organisierten und durchgeführten Übungen mit vielen ehrenamtlichen Helfern und Roleplayern haben sowohl bei den Journalisten, Übungsbeobachtern und den Beteiligten selbst Anerkennung und Respekt für ein nicht-alltägliches und sensibles Ereignis hervorgerufen. Mit der Abschlussveranstaltung in der Hohenlohearena bei Ilshofen (Schwäbisch Hall) würdigte Regierungsvizepräsident Dr. Christian Schneider das gelungene Ergebnis dieses praktischen Übungsanteils und dankte allen Verantwortlichen und Mitübenden für ihren engagierten Einsatz.

 

Vollübung Jodtablettenverteilung in Öhringen (Quelle: J. Steinbrink)

Die Erfahrungen aus der Übung zeigen, dass der Katastrophenschutz ein modernes und effizientes Hilfeleistungssystem vorhält, mit dem die Menschen im Land bestmöglich gegen kerntechnische Unfälle aber auch Naturkatastrophen und andere schwerwiegende Schadenslagen und Gefahren geschützt werden. Diesen Stand des Katastrophenschutzes gilt es – auch durch regelmäßige Übungen – zu sichern und möglichst weiter auszubauen. Ein leistungsfähiger Katastrophenschutz ist Garant für eine hohe Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg.